Implantatplanung

Prävention periimplantärer Entzündungen durch gesamtheitliche Behandlungsplanung. Eine Empfehlung des Aktionsbündnisses gesundes Implantat.

Eine gründliche Behandlungsplanung ist die Grundlage des Implantaterfolges [1]. Die konservierend-parodontologische Vorbehandlung des Patienten, die prothetische Planung und die chirurgische Vorgehensweise müssen hierfür aufeinander abgestimmt sein. Nur so können Entzündungen wie die periimplantäre Mukositis und Periimplantitis sowie die Fehlpositionierung von Implantaten vermieden werden.

1. Anamnese

Eine gründliche präoperative Anamnese ist zur Identifikation und Minimierung von Risikofaktoren (siehe Positionspapier „Risikofaktoren für periimplantäre Erkrankungen“ des Aktionsbündnisses gesundes Implantat) unerlässlich. Neben der allgemeinen Anamnese sind in der speziellen Anamnese zahnärztliche Vorbehandlungen, ggf. bisherige Implantatversorgungen, dentale, parodontale oder funktionelle Beschwerden sowie Vorstellungen und Erwartungen des Patienten bezüglich der Behandlung und des Zahnersatzes zu erheben. Zur Erhöhung der Patientensicherheit ist bei anamnestischen Auffälligkeiten eine interdisziplinäre Abstimmung sinnvoll.

2. Befunderhebung

Neben der Anamnese müssen folgenden Befunde vor einer Implantatbehandlung erhoben werden:

  • Mundschleimhautbefund
  • Dentaler bzw. konservierender Befund (z.B. Karies, endodontische Behandlungen)
  • Parodontaler Befund (Parodontaler Screening Index PSI, bei Auffälligkeiten: ausführlicher parodontaler Befund )
  • Röntgenbefund (ggf. bereits mit Hülse oder Kugel als Referenzobjekt)
  • Funktioneller Kurzbefund, bei Auffälligkeit: ausführlicher klinischer Funktionsstatus (entsprechend der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und –therapie in der DGZMK)
  • Mundhygiene-Befund, -Instruktion und Compliance-Check

3. Vorbehandlung

Vor der chirurgischen Implantatinsertion muss die konservierende, endodontische und parodontale Behandlung abgeschlossen sein, funktionelle Beschwerden sollten behoben sein. Der Patient muss eine gute Mundhygiene aufweisen und motiviert sein.

Im geplanten Implantatlager dürfen keine Entzündungsprozesse vorliegen. Vor geplanten Extraktionen ist ein Rehabilitationskonzept für Knochen und Weichgewebe festzulegen (z.B. Socket Preservation, Bindegewebstransplantat, freies Schleimhauttransplantat)

4. Risikofaktoren

Der Patient ist über allgemeine und individuelle Risikofaktoren aufzuklären und auf die Notwendigkeit eines regelmäßigen Implantatrecalls hinzuweisen.

Eine Übersicht zum Thema Risikofaktoren gibt das Positionspapier „Risikofaktoren für periimplantäre Erkrankungen“ des Aktionsbündnisses gesundes Implantat.

5. Dokumentation

Eine lückenlose Dokumentation der Befunde, der Aufklärung sowie der Behandlungsschritte vor, während und nach einer Implantatrehabilitation, wenn möglich auch fotografisch, ist dringend angeraten.

Die vollständige mündliche und schriftliche Aufklärung muss mindestens 48 Stunden vor dem Eingriff erfolgen. Hierbei sollten insbesondere die Risiken, die Behandlungsalternativen und die Einschätzung der Realisierbarkeit des Behandlungsziels, auch aus forensicher Sicht, dokumentiert werden.

6. Prothetische Planung

Bereits bei Planung der Implantate sollten die Pflegbarkeit der Suprakonstruktion beachtet und die individuellen Gegebenheiten des Patienten (manuelle Fähigkeiten, gingivaler Biotyp) berücksichtigt werden.

Die prothetisch günstigste Implantatposition kann z. B. mittels Set-Up durch den Zahntechniker im Labor bestimmt werden. Ein solches Planungsmodell hilft zudem bei der Veranschaulichung der möglichen Angulation des Implantats, welche jedoch immer durch eine Röntgenaufnahme mit entsprechender Bohrschablone, zu überprüfen ist, im Zweifel besser dreidimensional (siehe 7. Präoperative Röntgendiagnostik mit Orientierungs- bzw. Bohrschablone). Insbesondere bei schwierigen anatomischen Verhältnissen kann eine computergestützte Planung für zusätzliche Sicherheit sorgen.

Planungs-Parameter:

  • Zu Nachbarzähnen muss mindestens 1,5 mm Abstand eingehalten werden, zwischen mehreren Implantaten muss der Abstand mindestens 3 mm betragen. Dieser Platz ist notwendig um benachbarte anatomische Strukturen zu schonen und um approximaler Knochenresorption vorzubeugen.
  • Der periimplantäre Knochen sollte auch vestibulär und oral ausreichend stark sein um Rezessionen zu vermeiden.
  • Die Wahrung einer ausreichend breiten keratiniserten Mukosa (2 mm) wird empfohlen.
  • Es muss ein für den individuellen Fall geeignetes Implantatsystem (Länge, Durchmesser, Textur) gewählt werden.
  • Die Schraubenwindungen bzw. der beschichtete Anteil des Implantates sollten komplett von Knochen umgeben sein.

7. Präoperative Röntgendiagnostik mit Orientierungs- bzw. Bohrschablone

Zunächst sollte eine Panoramaschichtaufnahme (PSA) angefertigt werden. Infektionsherde, Karies, parodontale Erkrankungen, retinierte/verlagerte Zähne, Zysten und insuffiziente Wurzelkanalbehandlungen können so ausgeschlossen werden.

Die Bestimmung von Position und Achsneigung des Implantates kann entsprechend der geplanten prothetischen Versorgung auf dem Modell im Labor oder mittels digitaler Tools erfolgen. Diese Informationen müssen in eine Orientierungs- bzw. Bohrschablone übertragen werden. Mit Hilfe dieser Schablone können bei entsprechender Indikation zur weiteren Implantatplanung auch dreidimensionale Röntgenaufnahmen durchgeführt werden.

Eine Aufnahme mittels Dentaler Volumentomographie (DVT-Aufnahme) kann die dreidimensionale Abschätzung des vertikalen und horizontalen Knochenangebots verbessern – die Insertion des Implantat kann entsprechend den prothetische Vorgaben in Länge, Durchmesser und Ausrichtung geplant werden. Zudem können kritische anatomische Strukturen wie Nervus mandibularis, Sinus maxillaris und Nasenboden besser beurteilbar sein.

Eine DVT-Aufnahme kann insbesondere vor Sinusbodenelevationen sinnvoll sein, um anatomische Variationen und pathologische Veränderungen auszuschließen.

8. Perioperative Maßnahmen zur Infektionsprävention

Die einmalige Gabe von 2 g Amoxicillin eine Stunde vor Implantation wird, wenn keine Penicillinallergie vorliegt, empfohlen. Rauchern wird eine Nikotinpause (1 Woche prae und 8 Wochen post operationem) empfohlen.

Eine geschlossene Einheilung der Implantate verringert die Infektionsgefahr.

Planung mit DVT im OK Seitenzahnbereich, aufgenommen mit CS 9000 3D. Bild: Dr. Oliver Müller.

Download der Empfehlung als PDF

Mitwirkende an den Empfehlungen des Aktionsbündnisses gesundes Implantat zur Prävention periimplantärer Entzündungen durch gesamtheitliche Behandlungsplanung:

Dr. Sigmar Kopp, Dr. Oliver Müller, Prof. Dr. Reiner Mengel, Dr. Miriam Thöne-Mühling, Prof. Dr. Johannes Einwag, Prof. Dr. Marcel Wainwright, Christian Berger, PD Dr. Dirk Ziebolz, Dr. Björn Eggert, Jan-Philipp Schmidt

Fußnoten: 

[1] Sondierungstiefe ≤ 5 mm ohne Bluten nach Sondieren, Immobilität des Implantats, prothetische Versorgbarkeit, Fehlen radiologischer Transluzenz, Knochenabbau im ersten Jahr unter Belastung < 1,0 mm und anschließend < 0,2 mm pro Jahr, Ausbleiben von Schmerzen, Par- und Dysästhesien