Bessere Aussichten für Diabetiker: Zahnimplantate doch möglich

Neue Leitlinie wertet Studien aus und gibt Empfehlungen

Zahnimplantat bei Diabetes

Tägliche Blutzuckermessungen, „verbotene“ Lebensmittel, Injektionen – wer an Diabetes mellitus erkrankt ist, dem sind Einschränkungen nicht fremd. Auch das Tragen von Zahnimplantaten galt bis vor kurzem als nahezu unvereinbar mit der Krankheit, viele Zahnärzte rieten Diabetespatienten lieber zu den Alternativen Brücke oder (Teil)prothese. Eine neue Leitlinie macht Betroffenen jetzt Hoffnung.

Grund für die langjährige Zurückhaltung war die Beobachtung, dass Patienten mit Diabetes Typ 2 nachweislich häufiger und dann oft auch schwerer an Parodontitis erkranken als gesunde Menschen. Übertragen von der natürlichen auf die künstliche Zahnwurzel lag nahe, dass auch das Risiko, eine Periimplantitis – also eine Entzündung des Implantatbetts – zu entwickeln, für Diabetespatienten höher ist. Angenommen wurde zudem ein erschwertes Einheilen bis hin zum Verlust des Implantats.

Der im August 2016 veröffentlichten Leitlinie liegt eine Vielzahl von Studien zugrunde, die diese Vermutungen relativieren und zum Teil auch widerlegen. Ebenfalls aufgrund dieser Studien gibt das Papier Zahnmedizinern Empfehlungen für die bestmögliche Einheilung und Lebensdauer von Implantaten bei Diabetikern.

Hilfreich ist ein gut eingestellter HbA1c-Wert

Es scheint erwiesen, dass die Einheilphase nur bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus in den ersten Monaten langsamer verläuft, nach einem Jahr war dagegen kein Unterschied mehr erkennbar. Auch spricht bei Patienten mit gut eingestelltem HbA1c nichts gegen einen Knochenaufbau. In den ersten Jahren nach der Implantation konnte bei Diabeteskranken allgemein kein erhöhtes Risiko einer Periimplantitis festgestellt werden, mit zunehmendem Alter des Implantats scheint dieses jedoch anzusteigen, zudem ist nach einigen Jahren eine erhöhte Anzahl an Implantatverlusten zu beobachten.

Aufgrund der Studien gibt die Leitlinie unter anderem folgende Empfehlungen:

  • Die Einstellung des Diabetes mellitus sollte dem Behandler vor Therapiebeginn bekannt sein. Nach Abschluss der Behandlung ist die Nachsorge dem durch die Erkrankung erhöhten Risiko anzupassen.
  • Eine zu frühe Belastung des Implantats ist bei Diabetespatienten in den meisten Fällen nicht ratsam. Bei Knochenaufbau wird aus diesem Grund das zweizeitige Vorgehen, bei dem das eingebrachte Knochenersatzmaterial erst vollständig
    einwächst, empfohlen.
  • Zur Unterstützung des Behandlungserfolges sollte die einmalige vorbeugende
    Gabe eines Antibiotikums erfolgen. Darüber hinaus rät das Papier zur Anwendung einer chlorhexidinhaltigen Mundspülung.

Bei der Entwicklung der Leitlinie wurden die höchstmöglichen Kriterien der Stufe S3 angelegt. Diese garantiert Richtigkeit und langfristige Qualität der Inhalte sowie deren regelmäßige Überprüfung. Falls Ihrer Entscheidung für ein Implantat bislang eine Diabeteserkrankung im Weg stand, sprechen Sie Ihren Zahnarzt oder Implantologen auf die neuen Erkenntnisse an. Die vollständige Leitlinie zum Download finden Sie auf der Website der AWMF.