Neue Klassifikation parodontaler und peri-implantärer Erkrankungen und Zustände

Paro-Experten-Workshop in Chicago nimmt Periimplantitis ins Visier

Einen Meilenstein der Parodontologie setzten Ende vergangenen Jahres Mitglieder der European Federation of Periodontology (EFP) und der American Academy of Periodontology (AAP) auf dem „2017 World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases“ in Chicago. Unter der Leitung von Prof. Dr. Mariano Sanz (Madrid, EEP) und Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen (Bonn, EEP) sowie Prof. Dr. Jack Caton (Rochester/USA, AAP) und Dr. Panos N. Papapanou, DDS (New York/USA, AAP) schufen mehr als 100 hochkarätige Experten die Grundlage einer neuen Paro-Klassifikation. In dieser fand erstmals auch die Periimplantitis einen Platz.

Sondieren in den Vordergrund

Aufgrund der massiven Prävalenz der Periimplantitis in den letzten Jahren wurde auf dem Workshop ein Konsensus zwischen EEP und AAP geschaffen und das Krankheitsbild einer mukosalen oder periimplantären Entzündung erstmals definiert. Ein entscheidender Punkt war, den Schwerpunkt der Diagnostik in das Weichgewebe zu verlegen und bei entsprechender Indikation durch Röntgen zu validieren. Anhand beider Parameter kann anschließend die Diagnose Mukositis oder Periimplantitis gestellt werden. In Studien verwendete Schwellenwerte für Knochenverlust spielen dagegen allenfalls eine untergeordnete Rolle.

Für den Bereich der parodontalen Erkrankungen stellen die auf dem Workshop gefassten Beschlüsse ein umfassendes Update der 1999 zuletzt überarbeiteten Klassifikation dar. Grundlage und wichtige Neuerung ist die Definition einer „klinischen Gesundheit“. Auch ob bislang unterschiedene Formen wie die aggressive oder die chronische Parodontitis tatsächlich eigenständige Erkrankungen mit eigener Pathophysiologie sind oder nur Ausprägungen derselben Krankheit in unterschiedlichen Schweregraden und Progressionsraten, konnte in dem Workshop festgelegt und für die Zukunft eingeordnet werden. Künftig soll der Schwerpunkt weniger auf der Unterscheidung von chronischen bzw. aggressiven Formen liegen, vielmehr wird eine vierstufige Unterteilung helfen, den Schweregrad zu bestimmen. Experten setzen hierdurch auf eine Vereinfachung und Verbesserung der klinischen Behandlung.

Einmal Parodontitis, immer Parodontits

Ob Parodontitis oder Periimplantitis, die Klassifikation vermittelt nunmehr die Vorstellung beider Erkrankungen als behandelbar, aber nicht heilbar. Der Vergleich mit einem Diabetes, bei dem der Blutzucker so optimal eingestellt werden kann, dass der Patient nahezu beschwerdefrei ist, der ohne diese Maßnahme jedoch permanent massiv beeinträchtigt wäre, mag hier durchaus herangezogen werden und kann auch dem Patienten gegenüber verdeutlichen, worauf er sich nach Diagnose einer Parodontitis oder Periimplantitis gedanklich einstellen sollte.

Aus Sicht des Aktionsbündnis gesundes Implantat ist besonders die Aufnahme der Periimplantitis in die Klassifizierung zu begrüßen. Konkrete Details werden voraussichtlich im Juni dieses Jahres auf der EuroPerio9 in Amsterdam vorgestellt und in den Fachjournalen Clinical Periodontology und Periodontology erscheinen. Vorab könnte das deutsche Fachpublikum erste Einblicke bereits Anfang Februar auf der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie e.V. erhalten. Fest steht bereits jetzt, dass ein Standing Committee künftig für Aktualität sorgen wird, um die Klassifizierung regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen und dabei auch neue Erkenntnisse einfließen zu lassen.


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